Viele Menschen verspüren den starken Wunsch, sofort zu helfen, wenn sie Jungvögel außerhalb ihres Nestes entdecken. Dadurch werden jedes Jahr – natürlich in bester Absicht – zahlreiche Jungvögel eingesammelt, obwohl sie in vielen Fällen gar keine Hilfe benötigen. Es ist daher wichtig zu erkennen, ob es sich bei den Tieren um Nestlinge oder Ästlinge handelt, da die meisten Jungvögel das Nest verlassen, bevor sie richtig fliegen können – und das ist völlig normal.

Handelt es sich um einen Ästling oder um einen Nestling?

Der wichtigste Unterschied zwischen Ästlingen und Nestlingen ist, dass Ästlinge schon auf ihren eigenen Füßen stehen, und nicht wie Nestlinge auf ihrem gesamten unteren Beinabschnitt „sitzen“. Wenn du dir nicht sicher bist, ob der Jungvogel ein Ästling ist, dann beobachte ihn unauffällig. Handelt es sich um einen Ästling, dann sollte nach einer kurzen Zeit ein Elternteil mit Futter für den Jungvogel auftauchen.

 

Was muss ich tun, wenn ich einen Ästling auf dem Boden finde?

Wenn du einen Ästling findest, dann solltest du nach kurzer Zeit beobachten können, wie ein Elternteil vorbeifliegt und ihn mit Futter versorgt. Lass den Ästling einfach an Ort und Stelle und nimm ihn nicht mit nach Hause. Es ist normal, dass Ästlinge öfters alleine auf dem Ast sitzen. Sie sind nicht mit verwaisten Jungvögeln zu verwechseln. Das gut gemeinte „Retten“ könnte in diesem Fall einen Jungvogel von seinen Eltern entziehen.
Solltest du einen Ästling auf der Straße oder in anderen gefährlichen Umgebungen finden, dann setze ihn in ein Gebüsch oder auf einen Ast in unmittelbarer Nähe, damit seine Eltern ihn dort zum Füttern wiederfinden.

Was muss ich tun, wenn ich einen Nestling auf dem Boden finde?

Handelt es sich um einen warmen, fit wirkenden Nestling, sollte man zunächst versuchen, ihn in sein Nest zurückzusetzen – vorausgesetzt natürlich, man findet dieses. Ist der Vogel unterkühlt – was bei kalten Temperaturen innerhalb von Minuten der Fall ist, nachdem er aus dem Nest fällt – so muss er dringend gewärmt werden. Es reicht dabei NICHT aus, den Vogel einfach in einen warmen Raum zu setzen und/oder in ein Handtuch einzuwickeln. Zunächst sollte er aktiv in der Hand gewärmt werden. Dann sollte der Vogel schnellstmöglich in die Wildtierauffangstation des Tierheims gebracht werden, um dort weiter versorgt werden zu können.
Was tust du aber, wenn du den Vogel nachts – außerhalb der Öffnungszeiten unseres Tierheims – findest? Auch dann gilt: Das Tier über Nacht unbedingt warmhalten. Dies kann zum Beispiel mit einer Wärmfalsche oder mit Wasser gefüllten und zugeknoteten Einweghandschuhen erfolgen, deren Temperatur nur ein bisschen wärmer als deine Hand sein sollte. Wichtig ist, dass die Wärmequelle niemals zu heiß sein darf. Erreicht der Körper des Vogels nämlich 40 Grad, so stirbt er.
Wirkt der Nestling fit, so ist es nicht notwendig, ihn über Nacht mit Futter und Wasser zu versorgen. Bei geschwächten Tieren hingegen kann man versuchen, ihnen eine Zuckerlösung zu geben, sprich etwas Zucker in Wasser aufzulösen. Allerdings sollte man ihnen auch davon nicht zu viel geben, sondern lediglich mit dem Finger etwas an den Schnabel träufeln. Damit erhalten sie etwas Energie über Nacht, bis sie am nächsten Morgen ins Tierheim gebracht werden können.
In den letzten Wochen kamen leider immer wieder sehr stark unterkühlte Vögel bei uns an, wobei die meisten von ihnen kurz darauf verstorben sind.
Wenn du einen Jungvogel gefunden hast und unsicher bist, dann melde dich gerne telefonisch bei der Wildtierstation im Tierheim Mentlberg (0660-237 68 40). Oft lässt sich das Vorgehen mit Jungvögeln schon am Telefon abklären und erspart den Tieren das Schicksal, nicht mit den eigenen Eltern aufwachsen zu dürfen. Manchmal geht es aber auch nicht anders, als die Vögel zur Aufzucht ins Tierheim zu bringen. Wir helfen euch sehr gerne, das herauszufinden.

Der Tierschutzverein für Tirol versorgt jährlich über 500 verwaiste Jungvögel sowie verletzte adulte Tiere und entlässt sie anschließend wieder in die Freiheit. Da die Aufzucht sehr zeit- und kostenintensiv ist, freuen wir uns über deine Unterstützung in Form von einer kleinen Spende:

Appell an Eltern: Kindern den respektvollen Umgang mit Wildtieren lehren

Es ist bedauerlich, dass es immer wieder vorkommt, dass Tierkinder von Menschenkindern belästigt und gequält und dadurch nicht selten zu Waisen gemacht werden. Erst kürzlich wurden fünf Krähenjunge von Kindern als Spielzeug benutzt und mussten aufgrund ihrer geschwächten Verfassung in unserem Tierheim aufgenommen werden. Ein anderer Vogeljunge wurde drei Tage lang als Kuscheltier für ein Kind verwendet und sogar zum Spielen mit in den Park genommen. Auch Vögel, die von Kindern getreten und gejagt werden, sind leider keine Seltenheit. Daher appellieren wir an Eltern, ihren Kindern einen respektvollen Umgang mit Wildtieren beizubringen sowie an Außenstehende, in solchen Situationen einzuschreiten.

Wir bedanken uns vielmals bei allen Tierfreunden, die auf unterschiedlichste Art und Weise – sei es durch das Melden von hilfsbedürftigen Wildtieren, durch Geldspenden oder durch das Sensibilisieren der eigenen Kinder für den respektvollen Umgang mit Tieren – den Gedanken des Tierschutzes nach außen tragen und tagtäglich dabei helfen, die Welt für unsere Tiere zu einem besseren Ort zu machen!